Themenchat für Trauernde nach einem Suizid – Ein Angebot für Angehörige und nahestehende Personen

Liebe User*innen,

in diesem Blogartikel möchten wir mit euch über die Trauer nach einem Suizid sprechen – ein Thema, das viele Menschen betrifft und viele Fragen aufwerfen kann.

Daher gehen wir dieses Thema mit großer Umsicht an, weil es nach einem Suizid viele Ähnlichkeiten mit der Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen gibt – unabhängig davon, wie eine Person gestorben ist. Gleichzeitig gibt es auch Unterschiede und besondere Herausforderungen.

Wie heute empfohlen, verwenden auch wir das Wort „Suizid“ anstatt den Wörtern „Selbstmord“ und „Freitod“. Diese Begriffe können nämlich missverstanden werden, weil sie so wirken, als ob jemand sich bewusst für den Tod entschieden oder als ob er*sie die volle Entscheidungsfreiheit gehabt hätte.

Wer kann alles von einem Suizid betroffen sein?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jedes Jahr weltweit mehr als 700.000 Menschen Suizid begehen. Die korrekte Zahl ist wahrscheinlich sogar höher, weil viele Suizide nicht als solche erkannt werden. Das bedeutet, dass der Suizid gar keine seltene Todesart ist, auch wenn man sich nach dieser Erfahrung so fühlen kann als wäre man die einzige Person oder Familie, die so etwas erleben und durchstehen muss.

Man sagt, dass nach einem Suizid ungefähr 5 bis 120 Menschen unmittelbar davon betroffen sind (Angehörige, Freunde, Schulfreunde, Arbeitskolleg*innen, Rettungs- und Einsatzkräfte,…). Sie müssen mit den Folgen des Suizids und vor allem dem Verlust dieses Menschen leben lernen. Das ist eine große Anzahl an trauernden und betroffenen Menschen. Deshalb ist es sehr wichtig, für den Einzelnen, für die Familien, für die Freunde und die Gesellschaft, dass dieses Thema, diese Todesart nicht zusätzlich „totgeschwiegen“ wird.

Der Umgang mit Trauer und Verlust

Jemanden zu verlieren, den man sehr geliebt hat oder zu dem man eine starke Verbindung gespürt hat/spürt, löst in uns, unabhängig von der Todesart, zumeist eine starke und natürliche Trauerreaktion aus. Und auch, wenn die Beziehung zu der verstorbenen Person konfliktreich, herausfordernd oder nicht präsent war, kann die Nachricht über deren Tod emotional wahrnehmbar und schockierend sein.

Mit dieser Trauer zu leben und einen Umgang damit zu finden, bringt viele unterschiedliche körperliche und seelische Reaktionen mit sich, kostet oft viel Kraft, kann sehr anstrengend und kräftezehrend sein – und unterschiedlich intensiv und lange andauern.

Manchmal begleitet die Trauer den betroffenen Menschen ein Leben lang – und man lernt, mit dieser „Wegbegleiterin“ zu leben: anders, aber mit der Aussicht auf ein erfülltes Leben.

Besondere Herausforderungen nach einem Suizid

Wenn man jemanden verliert, der sich das Leben selbst genommen hat, kann das die Trauer oft verlängern, vertiefen und verkomplizieren. Das liegt daran, weil diese Todesart ganz viele zusätzliche und schambesetzte Fragen mit sich bringen kann, die nicht oder nicht leicht zu beantworten sind:

  • Hätte ich den Tod verhindern können?
  • Habe ich „Schuld“ am Tod des Menschen, der verstorben ist?
  • Habe ich etwas übersehen, hätte ich etwas erkennen können, hätte ich eingreifen können?
  • Wurde ich nicht genug geliebt, um diesem Menschen einen Grund zu geben, weiterzuleben?
  • Wie verzweifelt muss dieser Mensch gewesen sein, um sich das selbst antun zu können?
  • Denken die anderen Menschen (nah und fern um mich herum), dass ich daran schuld sein könnte?
  • Darf ich davon erzählen, oder muss ich darüber schweigen, weil ich die Scham so schwer tragen kann?

Warum sind diese Fragen, und viele andere mehr, so belastend? Sie stehen rund um und im Herzen, und auch im Alltag, und können die Trauer sehr kompliziert machen. Sie können einen „Wegbegleiter“ darstellen, der noch schwerer anzunehmen ist.

Oft geht es dabei auch um die Form und Todesart, so dass die Gedanken und positiven Beschreibungen an und von dem geliebten und nahestehenden Menschen verhindert oder verdrängt werden, die doch diesen Menschen ausgemacht haben. Es ist, als ob der Gedanke an die Todesart wie ein Türsteher vor den dahinterliegenden Traueraufgaben und natürlichen Erinnerungen an die verlorene Person steht.

Manchmal kann es nach dem Verlust eines geliebten Menschen, besonders nach einem Suizid, sehr schwer sein, weiterzuleben. Suizidhinterbliebene können aus verschiedenen Gründen das Gefühl haben, dass sie nicht mehr weitermachen wollen. Das können beispielsweise sein:

  • Tiefer Schmerz und Verlustgefühle: Der Tod einer nahestehenden Person kann sich so schmerzhaft anfühlen, dass das Leben ohne diese Person kaum vorstellbar scheint.
  • Schuldgefühle: Fragen wie „Hätte ich den Tod verhindern können?“ oder „Bin ich schuld?“ können schwer belasten und das Gefühl von Wertlosigkeit verstärken.
  • Gefühl der Isolation: Suizid wird oft stigmatisiert, d.h. verurteilt oder als Tabuthema behandelt, und Hinterbliebene fühlen sich manchmal unverstanden oder ausgeschlossen.
  • Scham und gesellschaftlicher Druck: Manche Menschen fühlen sich durch die Umstände des Suizids so beschämt, dass sie nicht darüber sprechen möchten, was die Trauer noch schwieriger macht.
  • Verlust des Lebenssinns: Die verstorbene Person war vielleicht der Mittelpunkt des eigenen Lebens. Mit ihrem Tod scheint auch der Sinn des eigenen Lebens verloren zu gehen.
  • Angst und Überforderung: Die Bewältigung der Trauer, das Leben ohne die verstorbene Person und die Gedanken an die Zukunft können überwältigend wirken.

Unterstützung in akuten Krisensituationen

Trauer kann überwältigend sein, besonders nach einem Suizid. Falls ihr selbst das Gefühl habt, nicht mehr weiterleben zu wollen, oder wenn ihr jemanden kennt, der in einer solchen Krise steckt, holt euch bitte Hilfe. Niemand sollte in dieser Situation allein bleiben. Folgende Anlaufstellen mit spezialisierten Fachkräften können euch in akuten Krisensituationen begleiten und unterstützen:


Den Weg der Trauer zu beschreiten, mit all seinen Herausforderungen und Aufgaben, auch nach dem Tod durch Suizid, kann ein bisschen leichter sein, wenn man begleitet wird, oder man seinen Schmerz teilen kann: mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben (obwohl es natürlich und dennoch immer ganz verschieden und individuell bleibt), weil man sich verstanden(er) fühlen kann, und weil die gefühlte Scham und Ausgrenzung weniger wird.

Unser Themenchat für Trauernde nach einem Suizid

Eine Sprache dafür zu finden, darüber zu sprechen, es nicht zu tabuisieren, einen Raum dafür zu schaffen – das möchten wir als Team von YoungWings ermöglichen. Deshalb starten wir am 11. März, 19-20:30 Uhr erstmals einen Themenchat für Trauernde nach einem Suizid(nach Tod eines Elternteils und anderer geliebten Menschen) genau zu diesem Thema. Wir freuen uns, wenn ihr euch anmeldet und gemeinsam mit uns einen sicheren Raum für Austausch und Verständnis schafft. Natürlich sind Trauernde nach einem Suizid auch in all unseren anderen Angeboten willkommen. Aufgrund des Wunsches vieler User*innen und der dargestellten Fragen möchten wir aber zusätzlich diesen spezifischen Themenchat anbieten – nicht, um die Trauer nach einem Suizid von anderer Trauer zu trennen, sondern um den Austausch über dieses schwierige Thema für euch ein bisschen einfacher zu machen.

Wenn ihr aus dem Großraum München kommt und euch mit anderen Angehörigen austauschen möchtet, die einen Elternteil durch Suizid verloren haben, startet am 11. April 2025 das neue Angebot „Offene Treffen für Trauernde nach einem Suizid“. Das Angebot findet im Wechsel vor Ort und digital statt.


Ihr seid mit diesem Thema nicht allein – wir sind für euch da!

Herzlichst,

Euer YoungWings-Team